Bevor wir jedoch nähere Bekanntschaft mit den Bierpreisen machen konnten, mussten wir erst mal wieder runter und möglichst nicht wieder über diese sehr steile und enge Straße vom Vorabend. Zu diesem Zwecke hatte uns der Portier eine alternative Route auf einer Karte eingezeichnet. Zum Glück habe ich diese Karte im Zimmer liegen gelassen und wollte einfach so mein Glück versuchen. Ich fuhr also nicht nach Vorgabe des Navis, sondern statt links bog ich rechts ab. Das Navi kannte sich auch sofort aus und schlug mir eine Alternativroute vor.
Fand ich gut, bis wir zu dem Punkt kamen, wo zwei Straßen quasi parallel in eine Rechtskurve abbogen und ich mich für links oder rechts entscheiden musste. Das Navi sagte links, ich fand rechts irgendwie aussichtsreicher, aber was wusste ich schon von den Straßen dort. Also eben links und kaum war ich 3 Meter gefahren, sah ich, dass die Straße nur eine Zufahrt zu einem Haus war und nach 15 Metern vor einem großen, eisernen Tor endete. Wär ja kein Problem, wenn diese Straße nicht gefühlt 90% Steigung (in echt waren es wohl trotzdem weit über 15%) gehabt hätte und das abwärts. Da stand ich also nun an einem steilen Hand in einer engen Kurve und die Handbremse schaffte es nicht, das Auto aufzufangen, weswegen Anfahren am Berg im Rückwärtsgang im ersten Versuch grandios fehl schlug und zu allem Überfluss auch noch Rauch aus dem Motorraum aufstieg.
Es stieg ganz leicht Panik in mir auf, was sollten wir denn jetzt machen? Ich bat meinen Mann auszusteigen und zu schauen, ob man vor oder nach dem Tor evtl. wenden konnte, aber er winkte nur ab, da ging gar nix. Die Zufahrt war auch die kompletten 15 Meter so steil, so das ein wenig weiterrollen und dann mit Schwung rückwärts wieder hoch ebenso als Option ausschied. Ich versuchte es noch mal mit Anfahren am Berg, kam aber keinen Zentimeter weit, der Motor im Rückwärtsgang schaffte einfach die Steigung nicht. Zudem gab es wieder Qualm und es stank ganz arg nach verbrannten Gummi. Auf der Rückbank verfiel der Große in Panik und fing bitterlich an zu weinen, was wiederum die Kleene eifrig nachmachte. Ich war mittlerweile völlig klatschnass und sah mich schon stundenlang mit dem Fuß auf der Bremse dort am Hang stehen und auf einen Abschleppwagen warten. Aus Sympathie fingen meine Knie sogleich an zu schlottern.
Mein Mann bot an, den Wagen zu schieben und so den Motor zu entlasten. Kann ja nicht schaden und so wahnsinnig viele Alternativen hatten wir nicht mehr. Ich wies ihn noch kurz an, dass er ein wenig vom Auto weggehen soll, da ich vermutlich nicht verhindern kann, dass das Auto erst ein wenig nach vorne rollte und einen verletzten Daddy brauchten wir nicht auch noch.
Ich legte also wieder den Rückwärtsgang ein, zog die Handbremse an, wischte mir meinen schweißnassen Hände ab, nickte meinem Mann zu und los ging es. Der Motor jaulte laut auf, die Rauchwölkchen stiegen wieder auf, mein Mann stemmte sich mit aller Macht gegen das Auto und tatsächlich bewegte es sich nach hinten. Da wir in einer engen Kurve stecken geblieben waren, rotierte ich mit meinem Kopf, um zu sehen, ob wir an allen Ecken und Seiten an den Mauern links und rechts vorbei kommen würden. Weitere Schrammen an meinem Auto waren mir egal, aber die Stoßstange wollte ich mir nicht unbedingt abreißen. Ich hörte, wie der linke Schweller aufsetzte, aber da musste das Auto jetzt durch. Eine gefühlte Ewigkeit später hatten wir es geschafft, wir standen wieder auf der eigentlichen Straße.
Ich schnaufte mehrmals tief durch und wartete, bis das Zittern in meinen Händen auf ein erträgliches Maß zurück gegangen war. Dann fuhr ich die Straße weiter und wendete bei der erstbesten Gelegenheit, um dann ganz brav dem Navi und der bekannten engen, steilen Straße zu folgen. Nochmal so eine Aktion wollte ich nicht erleben. Die Bremsen waren nach der Aktion ein wenig schwammig und ich machte mir Sorgen, ob die überhaupt noch ausreichende Bremskraft hatten. Beim Heranfahren an eine Kreuzung hatte ich echte Mühe, das Auto zum Stehen zu kriegen. Dazu dieser penetrante, alles überstrahlende Geruch nach verbranntem Gummi. Zum Glück war es warm und wir konnten die Fenster aufmachen. Doch sobald ich in einem Tunnel wegen der hohen Lärmbelästigung die Fenster schloss, war der Geruch sofort wieder da. Ich stellte meine Insassen darauf ein, dass dies wohl die nächsten Tage noch so bleiben würde.
Ohne weitere Zwischenfälle kamen wir in Moniga del Garda an und suchten uns einen Parkplatz. Wir hatten gelesen, dass es in Moniga eine Burg geben sollte, welche wir uns nun anschauen wollten. Die Burg war auch schnell gefunden, nur war die Aufregung der Autofahrt ein wenig zu viel für mich und ich hatte ein sehr dringendes und sehr menschliches Bedürfnis und konnte kaum noch klar denken. An der Burg gab es einen Hinweis auf eine Bar, welche laut Werbung 24 Stunden geöffnet war. Und Bars haben bestimmt ein Klo. Wir folgten also den Schildern und stießen bald auf einen kleinen lauschigen Kiosk. Der Große hatte das vor dem Kiosk liegende Holzkanu mit Beschlag belegt, ich das Klo und mein Mann einen Tisch mit Aussicht über den Gardasee.
Da es an diesem Tag hochsommerlich warm war und der Tisch im Schatten, ließ es sich gut dort aushalten. Wir studierten die Karte und ich wunderte mich, warum sich die anderen Gäste zum Mittag Wein aus großen Gläsern hinter die Binde kippten. Bis ich die Bierpreise las. Eine kleine Flasche Bier (0,33l) kostete satte € 4,50, der Viertelliter Wein € 3. Der Rest ist einfache Mathematik 😉
Wir haben dann trotzdem das Bier bestellt, mein Mann mag Wein nicht so gerne und mir wäre das echt zu heftig gewesen, zumal ich auch noch Auto fahren musste. Dazu gab es sehr leckere Sandwiches, eine große Flasche kaltes Wasser und eben besagte Aussicht.
Nach dem Snack schauten wir uns die Burg an und mussten feststellen, dass nur noch die Außenmauer übrig geblieben ist und im Inneren Häuser gebaut worden waren. Ist zwar eine nette Idee, aber die Abwesenheit von weiterem alten Gemäuer und vor allem von Kriegsgerät enttäuschte den Großen sehr. Es tat uns sehr leid, auch wir hatten etwas anderes erwartet.
Da der Ort außer einem öffentlichen, kostenlosen Brunnen am Parkplatz nicht viel mehr her gab, machten wir uns auf den Weg nach Sirmione. Parkplatz war schnell gefunden, der historische Stadtkern auch und wir machten uns an dessen Erkundung. Eine Wasserburg, welche leider nur von außen bestaunt werden konnte, markierte den Anfang der Stadt.
Wir machten uns an die Erkundung und landeten nach kurzer Zeit am Seeufer, an welchem wir entlang gingen, bis es nicht mehr weiter ging. Dort steckten die beiden Jungs die Füße ins Wasser und warfen Steine in den See. Bis das Kind ausrutschte und ins Wasser plumpste, samt Unterhose und T-Shirt. Den Großen also nackig gemacht, die Klamotten zum Trocknen auf die Steine in die Sonne gelegt und weiter Steine ins Wasser geschmissen. Als die Klamotten einigermaßen wieder trocken waren, ging es weiter. Es war eine alte römische Villa ausgeschildert und die wollten wir uns anschauen.
Dort angekommen, mussten wir leider feststellen, dass diese montags geschlossen ist. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen konnten war, dass es der Fluch dieses Urlaubs sein sollte, dass Örtlichkeiten nicht zur Besichtigung zur Verfügung standen. Wir liefen dann zurück in die Stadt und machten an einer Pizzeria Halt, wo wir dann auch das erste Mal Bekanntschaft mit dem berühmten Copperto schlossen, dieser Servicegebühr, die zusätzlich zum Essenspreis und Trinkgeld erhoben wird und die zwischen 1-2,50 € betragen kann.
Wir fuhren dann wieder zurück zum Hotel, machten zwischendurch einen Abstecher in einem Supermarkt und quälten uns wieder diese sagenhaft enge und steile Straße hoch. Nach dem Erlebnis vom Morgen traute ich mich nicht, dem Navi nicht zu folgen. Wir genossen noch ein wenig die Aussicht von unserem Balkon, den lauen Abend und den frisch gekauften Ramazzotti.