Italien, Tag 8: San Gimignano und Monteriggioni

Als ich mit meinem damaligen Partner die erste Italienrundreise machte, waren in Florenz jede Menge Werbebanner aufgehängt, die auf das Museo della Tortura in San Gimignano aufmerksam machten. In Ermangelung  anderer Alternativen beschlossen wir, uns das Museum und – wenn wir schon mal da sind – die Stadt anzuschauen. Eine der besten Entscheidungen dieses Urlaubs, denn auch 11 Jahre später wollte ich unbedingt wieder zurück in diese Stadt.
Das Foltermuseum gibt es mittlerweile nicht mehr in der Stadt, was ich sehr bedauerlich finde, denn trotz des makabren Themas war das Museum sehr informativ. Und sie hatten den elektrischen Stuhl aus Sing Sing (haben sie jedenfalls behauptet).

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Wie auch immer, San Gimignano liegt mitten in  der Toskana und bietet einen Ausblick auf sämtliche pittoresken Toskanaklischees, die einem nur einfallen.
Da ich meinen niegelnagelneuen Sommerhut im Auto vergessen hatte und die toskanische Sonne gnadenlos auf uns niederprasselte, erbarmte sich mein Mann und holte den Sonnenhut aus dem Auto. Wir warteten geduldig und bestaunten den örtlichen Brunnen.

Bevor jetzt jemand mosert, dass ich doch den Sonnenhut hätte selber holen können: Ich habe fast den gesamten Urlaub über unser kleines Kind in der Tragehilfe vor meinen Bauch geschnallt durch die Gegend geschleppt. Und 7-8 Kilo mehr vor der Brust können verdammt anstrengend sein.

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Wieder vereint machten wir uns an die Erkundung der Stadt.

Enge Gassen, keine Autos, jede Menge Touristen. Es ist nicht umsonst eine der meist besuchten Städte der Toskana, selbst Ende September. Dennoch lohnt sich der Besuch.

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Torre Grossa

Wir wollten ganz hoch hinaus, auf den Torre Grossa, mit 54 Metern der höchste Turm der Stadt. Zu besichtigen nur, wenn man Tickets für das Stadtmuseum kauft, die aber mit 6€ relativ preiswert daher kommen. Kinder unter 6 Jahren sind frei.
Allein der Ausblick vom großen Turm ist das Geld wert!

Wir sahen uns auch das Museum an, durften dort aber keine Fotos machen. Das Verbot wurde strengstens von mehreren Wächtern überwacht, was ein wenig nervte, aber von den schönen und antiken Ausstellungsstücken wieder wett gemacht wurde. Nach einer ausgiebigen Rast auf dem Domvorplatz schauten wir uns weiter die Stadt an, fanden kleine Gassen, hohe Türme und wilde Katzen.

Nach einem ausgiebigen Mittagessen außerhalb der alten Stadtmauern machten wir uns auf den Weg nach Monteriggioni. Ursprünglich wollte ich nur dorthin, weil in Assassin’s Creed II das Hauptquartier in der Stadt ist und ich neugierig war, wie nah dran das Computerspiel an der Realität ist.
Doch beinahe wäre unser Besuch an der Technik gescheitert, denn die Batterie des Autoschlüssels machte auf dem Parkplatz schlapp und wir konnten unser Auto nicht mehr zentralverriegeln. Da ich nach dem Hagelschaden und diverser anderer Vorschäden der Meinung war, dass unsere Karre eh nicht geklaut würde und wir auch keinerlei Wertsachen, von den Kindersitzen vielleicht mal abgesehen, im Auto hatten, gingen wir das Risiko ein und ließen das Auto unverschlossen zurück. (Mein Mann notierte dazu: „Wir lassen offen und hoffen das Beste, wobei fraglich ist, was das wäre.“)

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Wir wurden von dieser hübschen Katze begrüßt, die es sich auf einem Brunnen in der Nähe des Kartenhäuschens bequem gemacht hatte. Da dies wohl ihr Lieblingsplätzchen war, bat ein Schild die Besucher höflich, die Katze nicht zu stören und sich ausruhen zu lassen. Erstaunlicherweise hielten sich alle Besucher daran (zumindest während wir in der Nähe waren), sogar der kleene Rabauke schaute nur mit den Augen und nicht wie sonst üblich mit den Händen 🙂

Gegen einen kleinen Obolus (2015 betrug dieser für einen Erwachsenen 2€, finde aber im Internet keine Angaben, ob dem immer noch so ist) kann man die Stadtmauer erklimmen und bekommt so einen schönen Blick über die Hügel der Toskana und den Ort, eines der ältesten Wehrdörfer der Welt.

Im Städtchen selbst gibt es eine kleine, feine Kirche, zwei Restaurants, 4 Läden und einen Brunnen 😉

Am anderen Ende der Stadt kann ein weiteres Stück der Wehrmauer erklettert werden, ist im Ticketpreis mit drin. Dort hat man eine ebenso großartige Sicht auf den anderen Teil der Toskana und findet sehr spannende Hinweisschilder.

Zum Parkplatz zurückgekehrt, mussten wir feststellen, dass unser Auto doch nicht geklaut wurde und so konnten wir noch einen Abstecher zum Meer machen, diesmal an den Strand von Bibbona. Wir erlebten einen wunderschönen Sonnenuntergang, herrlich kitschig. Die Jungs plantschten ein wenig im Wasser und der kleinere von beiden ging seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Steine ins Wasser schmeißen.

Kaum war die Sonne weg, tauchten die Mücken auf, so dass wir hastig zusammenpackten und nach Hause fuhren. Am Abend notierte ich in meinem Reisetagebuch:

So sehen schöne, erholsame Urlaubstage aus! Mehr davon, bitte!

Italien, Tag 4: Pisa

Der Tagebucheintrag meines Mannes zu diesem Reisetag beginnt mit „(Weitgehend) ausgeschlafen“, meiner beginnt mit „Gemütlich ausgeschlafen“. Scheint, dass Schlaf ein nicht zu unterschätzender Bestandteil von erfolgreichen Urlauben ist!

Nachdem wir nun also alle ausgeschlafen hatten, frühstückten wir in Ruhe und machten uns dann auf den Weg nach Pisa. Zumindest war das der Plan, den aber ein heimtückisches und ekliges Riesenmonster durchkreuzen wollte. Über Nacht hatte sich in unserem Auto eine dicke, fette Spinne eingenistet und ihr durchaus schönes Netz genau überm Lenkrad gesponnen. Mein Puls schnellte genauso rasant hoch, wie die Autotür zuschlug und erst nach dem Auftritt des sagenhaften Heldens konnten wir unseren Ausflug tatsächlich beginnen.

Wir fuhren eine lauschige Landstraße an der Küste entlang und konnten immer wieder längere Blicke aufs Meer erhaschen. In Pisa nutzten wir das Parkhaus direkt in der Stadtmitte, zwar nicht ganz billig, aber wenigstens war das Auto sicher verwahrt, wir mussten nicht ewig zum Zielort laufen und im Vergleich mit anderen Städten war die Parkgebühr ein echtes Schnäppchen.

DSCN9953.JPGDas erste, was wir nach unserer Ankunft machten, war Eis essen. Das erste echt italienische Eis direkt in Italien. Das leckere Eis schleckend bummelten wir durch Pisas Innenstadt, entdeckten farbenfrohe Märkte und kleine Gassen, die nicht von Touristen vollgestopft waren.

DSCN9963.JPGJe näher wir dem Domplatz kamen, desto dichter wurde das Gedränge. Es braucht gar keine Wegweiser, es reicht, wenn man den Menschenmassen folgt. Es war ein ungewöhnlich heißer Tag und wir machten uns auf dem Domgelände auf die Suche nach Schatten, denn Bäume sind dort Mangelware, vermutlich stören sie nur die Fotomotive und man kann dann nicht mehr so dekorativ den Schiefen Turm vorm Umfallen bewahren, was 90% aller Touristen probierten und sich dabei ablichten ließen. Ganz ehrlich, das ist weder originell noch lustig, sondern nur nervend.

Genauso wie die Preise zum Besteigen des Turm. Geschlagene 18€ pro Person, nur um stundenlang anzustehen und dann 5 Minuten lang den anderen Besuchern auf den Kopf spucken zu können. Wir schenkten uns das und kauften lieber die Kombikarten für Baptisterium, Camposanto und Dom, die mit 7€ pro Person durchaus erschwinglich sind. Grundsätzlich ist der Dombesuch kostenlos, man muss aber trotzdem ein Ticket erwerben, einfach so reingehen is nich.

DSCN9987.JPGNach einer kurzen Rast im Schatten des Doms besuchten wir selbigen. Er ist unglaublich reich ausgestattet, so dass man gar nicht fertig wird mit sehen. Und jedes Detail ist wunderschön:

Auch nach Verlassen des Doms war es noch heiß und Schatten immer noch Mangelware und so gingen wir direkt ins Camposanto, eine alte Begräbnisstätte monumentalen Ausmasses. Wie schon der Dom ist auch der (das?) Camposanto sehr detailreich. Es stehen Unmengen an Sarkophagen an den Wänden, es gibt größere Gräber, die wie Denkmäler aussehen und mit Büsten oder gar ganzen Statuen verziert sind. Der Boden ist übersät mit Grabplatten, von denen viele bereits so abgelaufen sind, dass man die Inschriften nicht mehr entziffern kann. Man könnte Stunden zubringen, um alle Details aller Bodenplatten, Statuen und Fresken zu erfassen und würde vermutlich noch etwas neues finden. Der Ort wird heutzutage immer noch als Begräbnisstätte genutzt, wir fanden einige Bodenplatten neueren Datums und auf manchen standen Blumenschalen.

Kaum hatten wir das Baptisterium betreten, kletterte ein Mann über die Absperrung, die den Taufbereich in der Mitte vor dem Besucherandrang schützen sollte und begann zu unserem größten Erstaunen zu singen. Sofort waren wir von der überragenden Akustik des Gebäudes überwältigt. Mein Mann schaffte es dennoch, fix den Aufnahmeknopf unserer Kamera zu drücken, so dass wir dieses tolle Andenken haben:

Das letzte Echo dauerte gefühlt minutenlang und war unglaublich klar. Wir kletterten zur Galerie empor und hatten einen schönen Blick auf den Innenraum.

DSCN0199An einem der Fenster auf der Galerie war ein Stück der Scheibe entfernt worden und mit grobmaschigen Draht gesichert. Das erlaubte Fotos über das gesamte Domareal, ohne das einem ein oder mehrere Touristen durchs Bild latschten.

DSCN0212Wir verabschiedeten uns vom Schiefen Turm und den Touristen und machten uns auf den Weg zum Botanischen Garten.

Der Botanische Garten, welcher zur Universität Pisa gehört, ist der älteste der Welt. Obwohl er nur 200 Meter vom Turm entfernt ist, verirren sich kaum Touristen dorthin. Bei unserem Besuch trafen wir keine 10 Menschen. Der Eintritt ist mit 2,50€ sehr preiswert.

DSCN0235Der Garten selbst ähnelt anderen Botanischen Gärten. Es gibt jede Menge exotische Pflanzen, alle fein säuberlich mit ihren lateinischen Namen beschriftet. Der Park ist gepflegt und bietet jede Menge Schatten, für den wir sehr dankbar waren. Genauso wie die Myriaden an Mücken, die sich an den zahlreichen Brunnen und Teichen versammelt hatten und auf ahnungslose Opfer warteten, die sich auf den um die Wasserstellen aufgestellten Bänken niederließen.

DSCN0264Letztendlich blieb uns nichts weiter übrig, als doch wieder in der prallen Sonne zu rasten. Wir erkundeten in aller Ruhe den Garten, welcher unter anderem mit dichten Bambuswäldchen, Bananenbäumen, Eidechsen, einem Panoptikum, einem Schildkrötenteich und einem Muschelhaus aufwartete.

Sogar eine Katze gab es dort und der Große konnte nicht widerstehen, sich an die Katze heranzupirschen, um sie zu streicheln. Die Katze war dies jedoch gewohnt und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Noch bevor der Rabauke sein Ziel erreichte, richtete sich die Katze gelangweilt auf, trabte drei Schritte weiter und legte sich unerreichbar unter einen Busch.

DSCN0343Zum Abschluss des Tages wollten wir zum ersten Mal das Mittelmeer ganz aus der Nähe bestaunen und fuhren nach Camaiore, wo der angeblich schönste Strand der Toskana sein sollte. Wie so oft lässt sich über Geschmack nicht streiten und wer auf Bettenburgen und Touristenfreilandhaltung steht, wird dort mit Sicherheit glücklich.DSCN0361Ein Meer aus Stühlen und Sonnenschirmen, angelegt mit der Präzision einer Plantage. Der Sand selbst ist super, das Meer und das Panorama echt schnuckelig. Tolle Berge im Hinterland!DSCN0369Wir fanden auf der ausgedehnten Strandpromenade ein kleines Lokal, wo wir leckere Pasta aßen, abgerundet mit zwei großen Becks. Und groß heißt groß heißt 0,66 Liter.

Warum gibt’s das eigentlich nicht in Deutschland?